Donnerstag, 27. September 2012

Das rote Fenster


















Das rote Fenster

"Sehnte sie sich nach ihren Ahnen? Ja, aber nicht mit ihnen zu sein, sondern bloß so einen Augenblick bei ihnen vorbeischauen zu können, sie zu trösten, sich bei ihnen zu bedanken und, mit einem Schritt zurück in den gebührenden Abstand, sie anzubeten."

Ein heftiges Gewitter, das im Juli 2011 über Rijeka niedergeht und ein banales Fenster im Hinterhof rot erleuchten lässt: In der Wucht und Lautstärke der gesamten Szenerie läuft bei Ana im Kopf ein ganzer Film ab, den sie mit eigenen und gefundenen Bildern erzählt.

Bilder vom Ort, von der Gegend. Mit dem sozialistischen Yugoslawien und dem faschistischen Italien. Mit den Habsburgern, dem Grabenkrieg, mit dem Friedhof drüben in Pula, mit den Kämpfern oben am Isonzo, und ihren beiden Großonkeln, die auf der falschen Seite im Dreck lagen. Die diesen Dreck überlebt haben. Und dann vom Strom erschlagen wurden. Im großen Gewitter vom Juli 1929.

"Es waren keine Erinnerungen, weder willkürliche noch unwillkürliche: dazu kamen diese Bilder zu blitzartig oder meteoritenhaft, und ließen sich weder verlangsamen noch anhalten noch gar einfangen. Wollte man sie stoppen und in Ruhe betrachten, so waren sie längst zerstoben, und mit solchem Eingriff zerstörte man sich im nachhinein auch noch die Wirkung des so jäh verschwundenen wie jäh erschienenen und einen durchkreuzenden Bruchsekundenbilds. .... Alle derartigen Bilder - um die allein es mir für meine und unsere Geschichte zu tun ist ... spielen in der Gegenwart."

Aus der zugemüllten Industrieruine der Hartera dröhnt das jährliche Rockkonzert herüber.

Ana lässt eine installative Bilderwelt entstehen. Die Bilder sind aus Anas Welt. Die Zitate sind aus Peter Handkes "Der Bildverlust".

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